DIE SICHEL hatte Ariel bei ihr eingeführt. Sie rauchte
starke Zigaretten, schlief wenig und spielte
z W EITER bis zum Morgengrauen mit Ariel. Er machte
JAHR GANG sich zu ihrem Geschöpf. Sie hatte keine
Launen und war zu ihm wie zu einem edlen
Pferd. Er verbrachte den Winter nur in ihrer
Gesellschaft. Er kam ihr nicht näher und
wukte nicht mehr von ihrem Eigentlichen, als
von dem blonden Fräulein, das ihm die Fin-
JULI 19 20 gernägel glänzend erhielt. Sehr spät erst
merkte er, dak sie die Geliebte des Ritt-
meisters war. Ariel fuhr nach Berlin, erbat
MONATSCHRIFT
FÜR
NEUE DICHTUNG
UND GRAFIK
GEORG BRITTING : ARIEL und bekam den Abschied von soldatischen
Diensten. Er besuchte Vorlesungen an der
Bei seiner Geburt bog die Mutter den wei- Hochschule, verschaffte sich Theaterkarten
und war ein regelmäßiger Besucher aller
Schrei. Man mugte das Kind vor dem Vater nächtlichen Vergnügungstätten. Die kleine
verstecken, der es ermorden wollte. Man gab Schauspielerin Eva und die Gräfin Gagern
ken Hals zurück und starb mit einem lauten
Wälder, teilten im Wechsel das Bett mit ihm.
Wiesen, Brunnen und ein immer riesiger Him- konnte er dem Arzt auch keine sichere Aus-
mel waren spiegelnd um ihn. Man holte ihn kunft geben auf die Frage, von wem er die
zurück, als er fünf Jahre alt war und sein Krankheit sich geholt habe. Nach einer kur-
zen und unvollständigen Kur mietete er sich
in einem Ostseedorf ein. Er war ein großer
eine große überreife Himbeere am Armel und schlanker Mensch von blühendem Aus-
seiner Frau. Der Senatspräsident wippte wie sehen und die Weiber gierten nach ihm. Er
eine schwarze Schwalbe über der kristallnen hatte vielen Zulauf und es war bald kein
Schale, in der Pfirsiche und Apfel lagen, Mädchen mehr im Dorf, das nicht von ihm an-
flaumig, rot und duftend. Sekt, aus einem gesteckt gewesen wäre. Er wüstete entselz-
lich im unschuldigen Fleisch. Bald war es
Fleisch. Später kam Ariel zu den Kadetten. weit und breit bekannt, daß alle Frauen von
Die eisernen Bettstellen zuckten unter der Sandelmaar vergiftete Pfeile im Schok trügen.
Die Männer von Sandelmaar stürmten eines
Ariel zu ländlichen Verwandten.
So
Vater Hochzeit machte mit der rundschultrigen
Sängerin. Der Husarenoberst glänzte wie
winzigen Glas, trieb ihm viele Nadeln in das
ersten Qual seines wilden Blutes. An den
kalten Februarmorgen, im dünnen, schrägen Nachts Ariels Haus und schlugen ihn halbtot.
Regen, übten sie mit Gewehr und Säbel. Mit Er ließ sich später in einer kleinen süddeut-
zwanzig Jahren trat er ins Regiment ein und schen Stadt nieder. Er führte ein sehr zurück-
gezogenes Leben. Rosenzucht füllte seine
fen Nächten trank er gemessen und immer Tage aus. Er legte die Kleider seiner Jugend
unerschütlert Wein. Der Feldzug brachte ihm nicht mehr ab. Er ging noch in engen Hosen
Auszeichnung. Er fing bei jenem Vorstoß, und weiten Röcken, da alles um ihn schon
weite Hosen und enge Röcke trug. So wurde
der alte Ariel eine allgemein bekannte und
den Kindern ein wenig komische Figur. Grau-
wurde daraufhin dem König vorgestellt. Wie. haarig machte er noch eine Reise nach Ber-
lin. Er stieg im besten Hotel ab, bestellte
Schneider, Schuster, Friseur und verwandelte
deutschen Mystikern, von Schopenhauer, in- sich binnen vierundzwanzig Stunden in einen
modisch gekleideten alten Herrn. Sein wei-
ker Schnurrbart, sorgfältig gedreht, über-
steilte die geschminkten Lippen. Abends
nen Stadt und verliek selten das Haus. Sie steckte er sich eine Blume ins Knopfloch und
brannte schneeweiße, betäubende Lampen im besuchte das feinste Kaffee des Westens.
Zimmer und sak wie ein heller Vogel auf der Einen jungen Burschen winkte er zu sich, be-
Lehne des Ledersessels. Der Rittmeister handelte ihn mit vollendeter Höflichkeit und
war wie durchschnittlich der Offizier. In tie-
der in allen Zeitungen ausschweifend be-
schrieben ward, das feindliche Panzerauto-
mobil, den Major und wichtige Pläne. Er
der in der Garnison sah man ihm vieles nach.
Er las dicke Bücher, auch solche von den
dische Sagen. Er lernte Illa kennen.
gelbes Gesicht stand kühl über dem Pelz.
Sie verachtete das holprige Pflaster der klei-
Ihr